Direkte Family
Mamis letzten Jahre
Als Paps 1988 starb, sorgte er praktisch nichts für Mamis zukünftiges Wohlergehen. Sie erbte CHF573'000 und wurde Einkommensempfängerin eines kleinen Woerishoffer Trust (ca. $250'000).
Die eigentliche Schande lag jedoch in ihren Lebensumständen. Hier der genaue Wortlaut der "Liquidations- und Teilungsrechnung" vom 20. Juli 1989:
"Die überlebende Ehegattin erhält das unentgeltliche lebenslängliche Wohnrecht in der ganzen Doppelwohnung im 6. Stockwerk des Hauses an der Avenue Floréal 3 in Lausanne."
Das war alles!!
Im Kontext betrachtet, wird deutlich, wie traurig das alles war. Mami lebte ein schönes, aber unglückliches Leben, umgeben von Dienern, Gärtnern, Zimmermädchen usw. Dann fand sie sich plötzlich in einer Wohnung in Lausanne weit unter ihrem Stand, wo sie weder Familie noch kaum Freunde hatte.
Ihre österreichischen Lebensverhältnisse hielten nicht lange. Leopold verwandelte das Schloss (Wasserburg) in ein B&B und verkaufte das Herrenhaus, das nach dem Krieg unser Zuhause gewesen war.
Nettie stellte Mami eine kleine Wohnung in der Strohgasse zur Verfügung.
Zu dieser Zeit begann Mami zwischen Wien und Lausanne hin und her zu reisen, was bis zu ihrem Tod 10 Jahre später dauern sollte.
Ich kann nicht beschreiben, wie einsam sie sich gefühlt haben muss und wie wenig Liebe sie von ihrer engsten Familie bekommen hat. Zu der Zeit lebte ich in Verbier, 100 km. aus Lausanne und besuchte sie zweimal pro Woch, wenn sie in der Stadt war.
Ich bereue es noch heute, nicht viel viel mehr getan zu haben, aber erst im Nachhinein erkennt man diese Dinge.
Zu meinem 60. Geburtstag habe ich sie auf eine Reise durch die französischen Kanäle und wieder für 2 Wochen nach Ägypten eingeladen. Das war weitaus nicht genug.
Ernst (Skarpil) hat sich in ihren letzten Jahren um Mami sehr gekümmert.
Ich bat Philip (Hohenlohe), einen Bericht über das Geschehene zu bekommen. Hier ist ein Transkript des Gesprächs mit Ernst:
PH - Erinnern Sie sich an den Todestag meines Großvaters? Wie hat meine Großmutter damals reagiert?
Die Frau Gräfin war sicherlich traurig. Sie war in den Tagen vor dem Tod des Herrn Grafen täglich bei ihm im Spital und hat dann dort den Tag verbracht.
PH - Was geschah dann unmittelbar nach dem Begräbnis?
Ja, ich glaube das Haus, in dem die Herrschaften gelebt haben ist ja bald verkauft worden. Nur hat die Frau Gräfin nichts davon erfahren. Es wurde ja schon mit dem Umbau begonnen, während sie noch dort gelebt hat. Sie hat mich gefragt, was der Lärm sollte. Ich habe ihr dann berichtet, dass das Haus verkauft sei. Sie ist dann sofort nach Lausanne geflogen. Sie hat mich gebeten, ihre Zimmer abzuschließen
PH - Wie lange ist sie dort geblieben?
Ungefähr zwei Wochen. Als sie dann zurückgekehrt ist, waren alle ihre Möbel in ein Depot im Schloss gebracht worden
PH - Dann ist sie ja zu uns in die Strohgasse gezogen
Ja, die Prinzessin (Nettie) hat ihr eine Wohnung im Parterre zur Verfügung gestellt. Auch der Graf Peter hat ihr eine schöne Wohnung in seinem Haus in Lausanne hergerichtet.
PH - Hat sie Wasserburg noch einmal besucht?
Ich glaube nicht.
PH - Wie hat sich ihr Leben dann abgespielt?
Wir waren viel auf Reisen und machten Besuche. Vier Wochen im Jahr verbrachten wir in Baumgarten und vier Wochen in Schönbühl. Auch waren wir oft in Liechtenstein bei der Prinzessin Lilli Liechtenstein in Vaduz und beim Herrn Baron (Fritzl Mayr-Melnhof) in Glanegg.
PH - Hat sie Wasserburg manchmal erwähnt?
Nein, ich glaube nicht
PH - Mit wem ihrer Kinder hat sie sich am besten verstanden?
Mit dem Grafen Peter
PH - Wie sie dann später bettlägerige war, über was hat sie gesprochen
Meistens konnte sie nachts nicht so gut schlafen. Da hat sie oft von ihrer Jugend und von ihren Eltern erzählt. Das hat sie früher nicht getan
PH - Wer war bei ihrem Tod anwesend?
Die Alexandra und die Carola. Dann sind Sie ja auch dazugekommen.
PH - Ja, ich erinnere mich genau. Ich bin auch einige Zeit bei meiner Großmutter gesessen. Ich war alleine im Zimmer. Meine Geschwister waren am Telefon, um die Nachricht weiterzuleiten. Es war ein sehr heißer Tag und plötzlich hat es zu regnen begonnen. Ich habe mich gewundert, wie feierlich die Stimmung war, ganz friedlich, fast sublim. Ich habe den Eindruck nie vergessen
Ihre Mutter (Nettie) war ja nicht da. Sie war zu dieser Zeit im Spital
PH - Vermissen Sie die Frau Gräfin?
Ja, doch, wir haben ja ein halbes Leben miteinander verbracht. Es war eine schöne Zeit

Meine Antwort an Philip:
Hallo Philip,
Vielen Dank für Deine Bemühungen.
Mir fällt auf, dass Ernst Baumgarten und Schönbühel erwähnt, aber nicht Hörmanns. Hat Granny nicht auch Tante Henriette besucht?
Wenn ich das alles lese und mich daran erinnere, habe ich das Gefühl, dass Granny ein sehr unglückliches Leben hatte, besonders in den letzten Jahren, als sie meistens alleine war und Wasserburg nicht mehr hatte.
Es zeigt, wie vorsichtig man sein muss, um zu sehen, dass seine Familienmitglieder gut versorgt sind, nachdem man nicht mehr anwesend ist. Paps hat kaum darüber nachgedacht.
Ich las ein paar Briefe, die ich schrieb und erhielt, und sie zeigen, wie besorgt sie war, nicht genug zum Leben zu haben. Das hätte nie passieren dürfen.
Viel Liebe an die ganze Familie
OP
.... und seine Antwort:
Lieber Onkel Peter
Ich habe weitere Informationen über Grannys Leben nach dem Tod von Grandpa für Dich eingeholt. Ernst berichtet, dass sie doch immer wieder Gast in Hörmanns war. Trotzdem glaube ich auch, dass das Leben nach Granpas Tod sich für sie grundsätzlich verändert hat. Für einen Menschen ihres Alters und ihrer sozialen Stellung sicher nicht einfach.
Bei uns in der Strohgasse gab es den Vorteil, dass das ganze Haus von unseren Familien bewohnt war, von Kari, Alexandra und deren Kinder. Und natürlich von Mami. Also wurde Granny doch relativ oft besucht, auch von ihren alten Wiener Freunden und natürlich von mir, wenn ich aus New York da war.
Und trotzdem glaube ich, ihr Leben im hohen Alter war nicht leicht. Kari und ich hatten immer wieder den Plan, eine Videoaufzeichnung mit ihr zu machen und sie zu ihrem Leben zu befragen, welches sich ja über historische Zeiträume ausdehnte, über die Monarchie, zwei Weltkriege, ihre Rückkehr nach Wasserburg und ihr hohes Alter. Wir haben es versäumt. Einen Umstand, den ich bis heute sehr bereue.
Vielleicht muss man ein gewisses Alter erreichen, um das Ausmaß eines solchen Versäumnisses zu verstehen. In unseren Gesprächen über unsere Großmutter ist sie immer die große Persönlichkeit, die sie eben war. Viele Anekdoten über sie sind Teil dieser Erinnerungen, oft auch komisch und oft bewegend. Sie ist nicht vergessen.
Alles Liebe
Philip
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