Vorwort

Diese Biografie wurde zwischen 2011 und 2022 geschrieben, lange nachdem die meisten Ereignisse stattgefunden haben, und Erinnerungen können ein unzuverlässiger Leitfaden sein.  Die Inhalte basieren sich auf meiner Wertschätzung, andere erinnern sich vielleicht anders.

Als ich geboren wurde, lebte die Familie in außergewöhnlichem Luxus von US Trusts, die 1931 nach dem Tod meiner Urgroßmutter Anna Woerishoffer (geborene Uhl) geerbt wurden.  Ich erinnere mich, dass ich von Kammerdiener, Zimmermädchen, Förster, Jäger  und dergleichen umgeben war.

Die Woerishoffer-Trusts verschafften Paps ein grosses Jahreseinkommen, nach heutigem Stand vielleicht 2-3 Millionen Euro, das ausschließlich für die Freizeit eines Gentlemans ausgegeben wurde - Rennpferde in England und Österreich, Safaris in Afrika  und Indien, exotische Reisen und vieles mehr.

Wasserburg ist jedoch das, was am meisten kostete.

Von 1925 bis zum Anschluss 1938, und später nach dem Staatsvertrag (1955), kostete Wasserburg und der damit einhergehende Lebensstil nach heutigem Stand mindestens €80-100'000 im Monat.

Die Dinge wurden eng, als der Dollar in den 1970er Jahren seinen Wert zu verlieren begann.

Vor dem Zweiten Weltkrieg hatte Paps zwei Güter (Wasserburg und Albrechtsfeld, ein landwirtschaftlicher Betrieb im Burgenland).  Er gab bekannt, dass er 2 Ländereien hatte, einen für jeden Sohn.  Es stellte sich heraus, dass keines der beiden Güter an einen seiner Söhne weitergegeben wurde.

Es gab zwei weitere Objekte (Haus Seilern in Kitzbühel, 1947 – 1958 (?) und ein Appartementhaus in Lausanne, 1957 - ), die beide von der US Trust Company aus den Woerishoffer Trusts bezahlt wurden.

Das Verhältnis zu meinem Vater war leider angespannt.  Er führte das Leben eines wohlhabenden Aristokraten und ich versuchte, meine Spuren zu hinterlassen.  Er war 35 Jahre älter als ich.

Meine frühen Jahre waren geprägt von dem was ich sah, und von meinem Glauben, dass dies die Art und Weise war, wie man lebte.  Ich erinnere mich, dass ich als Teenager dachte, was für eine wunderbare Familie wir hatten und wie viel Glück ich hatte.

Enttäuschung hat sich mit der Zeit eingeschlichen. Die Eltern und Schwestern führten ein traditionelles  österreichisches Adelsleben – es war „Herr Graf“, „Frau Gräfin“ und Anrede per-Sie (manchmal sogar in „der dritten Person“ – haben Herr Graf noch einen Wunsch?).  All dies ohne eine angemessene Ausbildung, geschweige denn, eine Universität zu besuchen oder einen Job zu haben.

Damals wurden Frauen nicht ermutigt, Karriere zu machen.  Leider hatten sowohl Nettie als auch Henriette nie einen Job.  Ich erinnere mich, dass ich Mami vor langer Zeit darüber nachgefragt habe und sie antwortete: "Wenn die Mädchen einen Job hätten, würde es jemand anderem die Arbeit wegnehmen".  Das war damals allgemein akzeptierte Praxis.

Mitglieder meiner Generation und sogar einige der Nächsten haben nicht immer mit der Zeit Schritt gehalten.  Dies hat seinen Tribut gefordert und die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die Seilerns wieder zu bescheideneren Einstellungen zurückkehren.

Als Onkel Antoine 1978 starb, erbte ich (weil es sonst niemanden interessierte) einen Koffer voller Briefe, Dokumente, Zertifikate, Kontoauszüge und dergleichen, die er höchstwahrscheinlich von seiner Großmutter Anna Woerishoffer geerbt hatte.

Es müssen mehr als 2'000 Schriften gewesen sein und in 2001 beschloss ich, sie zu archivieren.  Es stellte sich heraus eine Fülle von Informationen die heute 35 Ordner füllt und eine Spur der Familiengeschichte ab Mitte des 19. Jahrhunderts hinterlässt.

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Ich fand auch ein Buch mit dem Titel "Carola Woerishoffer, Ihr Leben und Werk", das 1912 von der Klasse von 1907 des Bryn Mawr College veröffentlicht wurde.  Ihr Leben war außergewöhnlich undleider  allzu kurz.

Obwohl der Name Seilern reichlich erwähnt wird, sind wir am meisten denen zu Dank verpflichtet, die unseren Namen nicht tragen.  Es sind Anna Behr, Jakob Uhl (Annas erster Ehemann), Oswald Ottendorfer (Annas zweiter Ehemann) und vor allem mein Urgroßvater Charles F. Woerishoffer.

Alles, was mir die Eltern jemals gesagt haben, war, dass meine Urgroßeltern die New Yorker Staats-Zeitung besaßen, woher das Vermögen stammte.  Nicht sachlich richtig.

Paps erwähnte nie seinen Großvater Charles Frederick Woerishoffer, obwohl er eine der prominentesten Persönlichkeiten aller Zeiten an Wall Street war und dessen Nachlass den Wert der Staats-Zeitung bei weitem übertraf.  Ich stieß darauf, als ich Artikel in der New York Times ausgrub, die kurz nach seinem Tod veröffentlicht wurden, und mir "Fifty Years in Wall Street" von Henry Clews besorgte.

Paps kannte seine Großmutter gut (er war 32 Jahre alt, als sie starb) und es ist seltsam, dass sie (AW) nie über ihren Mann sprach.  Oder doch?

Erst viel später, als ich die archivierten Papiere durchging, erfuhr ich eine andere Geschichte.

Anna Uhl und ihr Mann Jakob waren die Gründer der New Yorker Staaatszeitung, und wurde ihrem Sohn Edward Uhl überlassen, als sie in 1884 starb.  Anna Woerishoffer (Urgroßmutter) hat nur persönliche Besitztümer von ihrer Mutter geerbt, nicht Aktien der Zeitung.

Aus gutem Grund:  Charles F. Woerishoffer war einer der reichsten Männer auf Wall Street.  Als er 1886 im sehr frühen Alter von 41 Jahren starb, hinterließ er ihr und ihren beiden Töchtern, Grossmutter Antoinette und Emma Carola, ein immenses Vermögen.

Grossvater Carlo Seilern kam erst um 1897 ins Spiel, etwa 11 Jahre später.

Die hingebungsvollen Bemühungen diese verarmten und hart arbeitenden deutschen Einwanderer ermöglichten es den Seilerns, wieder eine bessere Zukunft zu sehen.

Was sie mit diesem Glück gemacht haben, ist eine andere Sache.

 

Es folgt eine Mischung aus Anekdoten, Zeitungsartikeln, Fotos und Dingen, an die ich mich noch erinnern kann.

PS 36

 


 

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